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Lieder und Tänze verdeutlichen die Kraft der MenschenNach dem Auftritt der Uganda Dance Academy: Nachdenkliche und unbeschwerte Gesprächsthemen am Abendbrottisch
Von unserer Mitarbeiterin Renate Tietz Lindenfels. Haruna und Saulo lachen über das ganze Gesicht. Hähnchenschlegel gibt es zum Abendessen, und das ist endlich einmal etwas, das ihnen bekannt vorkommt. Stärkung ist auch nötig, denn den ganzen Abend lang haben die zwei, gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der "Uganda Dance Academy", die Gäste im Kolmbacher Bürgerhaus unterhalten. Der Schweiß rann Haruna nur so den nackten Rücken hinunter, Musiker, Tänzer und Tänzerinnen gestalteten das Programm mit bewundernswertem Einsatz, und der begeisterte Applaus der Odenwälder zeigte, daß die Besucher die Freude der Akteure mitfühlten, daß sie mehr als nur konsumierten, ja - daß eine Brücke geschlagen war zwischen zwei Kulturen, wie sie verschiedener nicht sein können. Beim Abendessen auf der Litzelröder scheint die Anstrengung des Auftritts abgefallen. Gerade noch hatten sie mit ihren Trommeln und mit den aufreizenden Bewegungen ihrer Körper den Tanz der Frauen begleitet. Breit ausladend hatten die Hüften der Mädchen gewirkt, durch den stoffgepolsterten Reifen optisch vergrößert, mit den Federn des Wappenvogels geschmückt. Die Kalebassen-Percussion und die rhythmischen Melodien der einfachen Holzblockxylophone hatten eingeheizt, nicht nur den Akteuren. Die Musiker und Tänzer erschienen wie plötzlich aus den entlegensten Feldern und Dörfern in das Kolmbacher Bürgerhaus gebeamt, Tanz in seiner ursprünglichsten Form, von vermeintlich primitiven Ureinwohnern als Gastgeschenk zelebriert. Wenn aber Saulo und Haruna mit ihren Gastgebern am Abendbrottisch sitzen, erzählen sie in sauberstem Englisch von ihrem Leben, von den 12 Geschwistern, von ihrem Studium der Soziologie, der Literatur und von dem zweiten, fast wichtigsten Studienschwerpunkt - der Musik. Es fällt schwer, die gedankliche Verbindung herzustellen, zwischen diesen modernen jungen Menschen und dem afrikanischen Staat, der am Rande des Ruins entlangvegetiert. Sieht man die Tänzer auf der Bühne, die Frauen in ihrer unfaßbaren Bewegungsfreude und Fröhlichkeit, die Männer mit dem ständigen Lachen im Gesicht, so kann man sich das Elend ihrer Freunde daheim nicht vorstellen.
In den Liedern und Tänzen wird viel von der Kraft dieser Menschen deutlich, von ihrem Lebenswillen und ihrer Verbundenheit mit der Tradition des einst so reichen afrikanischen Landes. Die Mißwirtschft Idi Amins hat Uganda in den Ruin getrieben, dabei hat das Land die besten natürlichen Bedingungen für die lebenserhaltende Landwirtschaft. Als die Engländer Uganda 1962 in die Unabhängigkeit entließen, waren die Hoffnungen auf Demokratie und Wohlstand groß, aber die später folgende Schreckensherrschaft des Diktators Amin machte alle Fortschritte zunichte. Die verlustreichen Grenzkriege schadeten der Region nachhaltig, Inflation und Fehden erschüttern das Land, die erneute Machtübernahme des ehemaligen Regierungschefs Obote wurde von der Armee schnell beendet. Auch heute gibt es keinen Frieden für die fast 17 Millionen Menschen, die zur Hälfte Analphabeten sind und deren Lebenserwartung bei nur 48 Jahren liegt. So gesehen haben es Haruna und seine Tanz- und Musikkollegen geschafft, wenn sie die Möglichkeit zur Bildung erhielten und der Lebensunterhalt gesichert ist. Ihr Interesse für die alte Kultur des Landes, ihr Engagement als Botschafter ihres Volkes aber zeigt, daß sie sich verbunden fühlen mit allen Bewohnern ihres Landes, den Christen wie Saulo und den Moslems wie Haruna. Daß sie sich als Botschafter ihrer Nation verstehen, symphatische Zeugnisse afrikanischen Lebens. Claudia Schmidt, Kolmbacher Bürgerin und Mitglied der Heppenheimer Trachtengruppe, hat gut daran getan, die Tänzer aus Uganda nach Lindenfels zu holen. Nicht nur der beeindruckende Folkloreabend war ein Gewinn für die Odenwälder. Der direkte Kontakt zwischen den Menschen aus Afrika und Deutschland hat Distanz abgebaut in den Köpfen, geöffnet für das nicht nur äußerlich Andere. Es hat die Chance gegeben, über den eigenen Gartenzaun zu schauen, und dabei zu entdecken, wie vielfältig das Leben ist, und wie bereichernd ein Miteinander sein kann. Nicht nur die am Donnerstag abend verkauften Kunstgegenstände aus Uganda werden an diese Menschen erinnern, nicht nur die farbenfrohen Bilder auf der Bühne, die ungewohnten Klänge werden im Gedächnis bleiben. Haften bleiben wird der menschliche Eindruck, der mehr bewirkt als politisches Solidaritätsgerede und öffentliche Diskussion. |
| Letzte Änderung dieser Seite am 14.02.2003 von (unbekannt). | Informationen unter birgit.jung@tvg-starkenburg.de |