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König Fußball und Gott Bacchus

Öffentliche Weinprobe: Bergsträßer Winzer eG hatte eingeladen / Ein Hauch von La Ola im großen Festzelt

HEPPENHEIM (FRITZ KUHN). Fast hätte man glauben können bei einer WM-Übertragung dabei zu sein, als die Bergsträßer Winzer eG am Samstag ihre hervorragend besuchte öffentliche Weinprobe zelebrierte: das Festzelt als Arena, die Moderatoren als mit allen (Fußball-) Wassern gewaschenes Reporterteam, das Publikum in ebenso guter Stimmung wie die auf den Stadionrängen begeistert mitgehenden Fans. Ein Hauch von La Ola.

Für passende Begleittöne sorgte die von Gerhard Schäfer dirigierte Stadtkapelle, die mal in beschwingtem Swingstil, mal mit deftiger ?Dicke-Backen-Musik?, mal mit populären Fußballhits das Publikum hinter sich brachte. "Ole, ole, ole", schallte es durchs Festzelt, dem - weil's einfach dazu gehörte - das nicht minder stimmungsvolle "Einer geht noch, einer geht noch noi" folgte. Ob damit nun der genüsslich die Kehle hinunter rinnende Wein oder im Vorgriff aufs Halbfinale die Siegtreffer im Dienstagsspiel gegen Italien gemeint waren, bleibt sich eigentlich gleich. Hauptsache, es geht noch einer "noi", am besten beides. Das Ziel wurde bei der Weinprobe klar abgesteckt und fand in lautstarken Sprechchören Niederschlag: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin."

Derweil sich zu gleicher Stunde England und Portugal sechzig Kilometer weiter nördlich einen erbitterten und in des Wortes wahrstem Sinne knochenharten Fight lieferten, in dem letztendlich das Elfmeterglück entschied, setzte der mit rund 500 Mitgliedern und einer Anbaufläche von 270 Hektar größte hessische Erzeugerbetrieb dagegen mehr auf spielerische Eleganz. Motto der Probe: "Spätburgunder trifft Riesling". Mitglieder der Trachten- und Volkstanzgruppe Starkenburg hatten mit Auerbacher Unterstützung den Ausschank übernommen.

Mit dem Wein als dem liebenswertestem Produkt, das die ?strata montana? hervorbringt, hat es sich schon immer trefflich fabulieren lassen. BGW-Geschäftsführer Otto Guthier erinnerte an die vom verstorbenen Bürgermeister Hans Kunz einst in den Raum gestellte "Relativitätstheorie", nach der elf Flaschen auf dem Fußballplatz viel zu viel und - analog dazu - selbige elf Flaschen für den Weinmarkt viel zu wenig seien. Wer wollte da schon ernsthaft widersprechen?

Am munteren Spielchen um Begriffskategorien, mit denen sich King Fußball und Bacchus verbinden lassen, beteiligte sich auch Nadine I. Otto Guthiers Tochter übte sich bei ihrem letzten großen öffentlichen Auftritt als Weinkönigin im "Doppelpass" mit ihrem Vater, heuerte gar Gerhard Herbert als Oberschiedsrichter an. Das Stadtoberhaupt musste immer dann die gelbe oder rote Karte zücken, wenn fachlich notwendige Erläuterungen von allzu lautem Publikumsgemurmel übertönt zu werden drohten. Fußballerisch formuliert: Ein glattes Foulspiel.

Die öffentliche Probe zum 54. Weinmarkt war vom Vorstandsvorsitzenden Reinhard Antes mit launigen Worten eröffnet worden: "Anstoß frei". Angestoßen werden durfte dann mit zwölf Kreszenzen, die es allesamt zur Meisterschaft gebracht haben und, wie es Otto Guthier formulierte, aus der Kreis- in die Landes- und vereinzelt sogar bis in die Bundesliga vorgestoßen sind. Mit dem Primasecco rosé stürmte als erste Probe ein Tropfen aufs Feld, der mit seinen weiß und rot daher kommenden Geschwistern seit nunmehr schon zehn Jahren Steigerungsraten im zweistelligen Bereich schreiben darf. Guthier: "Von solchen Zahlen kann der Finanzminister nur träumen."

Auf den Perlwein ein weiterer Rosé, diesmal ein Spätburgunder vom Laudenbacher Sonnberg, der mit seinem feinherben Charakter "spritzig und leichtfüßig wie Lukas Podolski ist" (Nadine I.). Mit dem "Blanc de Noir" präsentierte die Winzer eG dann eine absolute Produktneuheit, die sich - so die Erwartung - bei Liebhabern ebenso durchsetzen wird wie es die immer stärker aufkommenden Bergsträßer Rotweine bereits getan haben. Den wohl nachhaltigsten Eindruck unter den drei "Roten" hinterließ der "Centurio". Sein Alkoholgehalt von 13,5 Prozent ist nicht von Pappe. Prompt sprach Ihre Weinhoheit von einem "kräftigen Burschen, zupackend wie Jens Lehmann beim Elfmeterstechen".

Bei der Probe im Winzerzelt verhielt es sich wie mit den WM-Spielen. Heißt: Dem vorsichtigen Abtasten folgte in der zweiten Halbzeit mit sechs Rieslingweinen ein ebenso mitreißender wie packender Endspurt. Mit der trockenen Stemmler-Spätlese aus der Serie ?Terra Starkenburg? und dem als offizielles Fifa-Lizenzprodukt laufenden "Classic" wurde der Anfang gemacht.

Die aus dem Archiv herausgekramte Auslese vom Schlossberg leitete dann über zu jenen vier edelsüßen Tropfen, die sogar das Zeug für die Champions League haben - absolute Zungenschnalzer, mithin Weine, denen WM-Reife attestiert werden darf. Besonders beeindruckend dabei der am 9. Dezember 2003 gelesene Eiswein, der 234 Grad Oechsle auf die Mostwaage brachte, sowie die Trockenbeerenauslese vom Guldenzoll, Jahrgang 2002, die bei der Bundesweinprämierung mit dem Großen Preis ausgezeichnet wurde.

Bei aller Lockerheit des Probenverlaufs: Vergessen wurde nicht, dass hinter den Spitzenerzeugnissen viel Winzerfleiß steckt. Stellvertretend für die gesamte Zunft richtete sich Otto Guthiers besonderer Dank an die drei in der Winzer eG beschäftigten Kellermeister. Von der harten Arbeit draußen in den Wingerten war indessen nur am Rande die Rede. Die Groß-Umstädter Weinkönigin brachte die Losung des Tages auf den Punkt: "Wenn einer trinkt, dann trinkt mit. Wenn einer lacht, dann lacht mit. Wenn einer schafft, dann lasst ihn schaffen."


Letzte Änderung dieser Seite am 08.11.2006 von (unbekannt). Informationen unter birgit.jung@tvg-starkenburg.de