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"Langsam, stetig, kleine Schritte"

Jubiläum: Heppenheimer Ortsgruppe des Odenwaldklubs feiert 125-jähriges Bestehen - Carl-Otto Lenz hält die Festrede

HEPPENHEIM (fk). "Wandern natürlich mit uns", stand auf dem Fahnentuch zu lesen, das am Samstagabend vor dem Gasthof Jäger in Erbach hochgezogen wurde. Für die Besucher der Jubiläumsfeier, zu der Heppenheims Odenwaldwaldklub (OWK) eingeladen hatte, hätte es dieser Botschaft überhaupt nicht bedurft. Die meisten von ihnen gehören der Ortsgruppe schon seit Jahrzehnten an und schnüren regelmäßig ihr Schuhwerk, um auf Schusters Rappen Täler zu durchschreiten oder Höhen zu erklimmen.

Gemeinsam im OWK gewandert wird in der Kreisstadt seit nunmehr schon 125 Jahren. Bei dem unter der Schirmherrschaft des - allerdings abwesenden - hessischen Staatsministers Wilhelm Dietzel (CDU) stehenden Geburtstagsfest bestand nun Gelegenheit, zurückzublenden und gleichzeitig den Blick nach vorne zu richten.

Vorsitzender Heinrich Morweiser sowie Kultur- und Festbeauftragter Ernst Müller durften nach der Feierstunde zufrieden Bilanz ziehen. Eine schöne Veranstaltung war?s mit erfrischend kurz gehaltenen Redebeiträgen und mit einem Beiprogramm, das so recht zu einem Wanderverein passte. Aktive der Volkstanz- und Trachtengruppe Starkenburg sowie der in fast voller Stärke aufgelaufene Singkreis zur Erhaltung, Pflege und Förderung alten Liedgutes trafen mit ihren Beiträgen genau die Gefühlslage der Gäste.

"Bei uns, do isses bugglisch, bei uns im Ourewoald", schmetterte Franz Rothermels Truppe und ließ damit Assoziationen wach werden an so manche Tour. Und wie bei einer richtigen Wanderung wurde auch ?Rast? gemacht, diesmal allerdings nicht mit Rucksackverpflegung, sondern zur Feier des Tages mit einem kalt-warmen Buffet.

Von den Leckereien hätten die Gründerväter nicht einmal zu träumen gewagt, als sie am 26. Juli 1882 im ehemaligen "Darmstädter Hof" und heutigen "Filou" die "Section Heppenheim" aus der Taufe hoben.

Wandern war zunächst nur Männersache. Inzwischen hat sich das Bild gewandelt, wie schon ein flüchtiger Blick in den Jägerschen Saal bestätigte. Die Frauen sind inzwischen in der Überzahl. Wie sich die Zeiten doch ändern. Norbert Hofmann, ehemals Landrat des Kreises Bergstraße und nach seinem Abtritt von der politischen Bühne Vorsitzender des Gesamt-OWK, machte in seinem Grußwort allerdings kein Hehl daraus, dass sich die Tradition der Wanderbewegung nur dann bewahren lasse, wenn sie mit der Suche nach neuen Wegen verbunden werde.

Hofmann nannte Zahlen: In den achtziger Jahren bekannten sich gut 20 000 Mitglieder in 115 Ortsgruppen und zehn Bezirken zu den Zielen des OWK; inzwischen sind es nur noch 16 000. Heppenheim machte da keine Ausnahme: Von einst 400 Wanderern sind gut 160 geblieben. Trotz dieses Aderlasses herrscht in der Ortsgruppe nach wie vor pulsierendes Leben. Fröhliche Urständ feierte dieses Leben in einem von Lotti Heuser und Gertrud Mang in Szene gesetzten Zwiegespräch. Der Beifall war ebenso stark wie herzlich.

Im Mittelpunkt des als "Klubabend" angekündigten Kommerses stand indessen die Festrede von Professor Carl-Otto Lenz. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof kramte zunächst in Kindheitserinnerungen, mit denen er auch immer die einst mit seinem Vater gestarteten Bergtouren verbindet. Von ihm habe er die Grundbegriffe des Wanderns gelernt: "Langsam, stetig, kleine Schritte."

Für Lenz ist Wandern mehr als nur Bewegung in freier Natur und frischer Luft; es ist für ihn auch die Schönheit der Landschaft, die Pflanzen- und Tierwelt, der Ruf des Kuckucks, das Klopfen des Waldspechts, die Quelle, der Ausblick, die Burg, der See sowie - was muss, dass muss - die Einkehr in die Gaststätte, das gemeinsame Singen, die Geselligkeit bei der Rast.

Carl-Otto Lenz zitierte Alt-Bundespräsident Theodor Heuss: "Der Sinn des Reisens ist, an ein Ziel zu kommen. Der Sinn des Wanderns ist, unterwegs zu sein." Unterwegs freilich in der Heimatregion, aber auch weit darüber hinaus. Der Festredner erinnerte in diesem Kontext an die jüngste Vogesen-Fahrt der Heppenheimer Ortsgruppe. Dass es heute möglich sei, im ehemals deutschen Elsass zu wandern, sei vor dem Hintergrund einer belasteten Geschichte so selbstverständlich nicht, sondern Ergebnis einer im Geiste der Aussöhnung stehenden Nachkriegspolitik. Die Versammlung hatte verstanden - starker Zwischenapplaus.

Lenz rief ferner die in den Jahren 1906, 1927 und 1969 von der Ortsgruppe ausgerichteten Hauptversammlungen des Gesamt-OWK in Erinnerung und nutzte dies dazu, einen thematischen Bogen zum momentan größten Heppenheimer Problem zu schlagen.

In alten Festschriften habe er gelesen, so der Redner, dass ein Teil der Veranstaltungen seinerzeit im "Halben Mond" stattfand. "Ich würde mir wünschen, wenn dies in Zukunft an gleicher Stätte wieder einmal möglich sein könnte", wandte er sich den Kommunalpolitikern zu.


Letzte Änderung dieser Seite am 01.10.2007 von (unbekannt). Informationen unter birgit.jung@tvg-starkenburg.de