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Archiv:
Fahrten zu anderen Trachtenfesten
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Wenn der Landrat zu Udos Hits swingt..... und Bänker wie Politiker mit einstimmen, dann hat der Wein seine Wirkung nicht verfehltVon unserem Redaktionsmitglied Ulla HessHeppenheim/Bergstraße. Wenn ein Bankdirektor das Schunkeln anfängt, Bürgermeister,
Magistratsmitglieder, Bundes- wie Landtagsabgeordnete in Gesänge mit einstimmen und der
Landrat zu einem von Heppenheims Stadtkapelle vorgetragenen Udo-Jürgens-Potpourri
strahlend und beschwingt das Haupt im Takt zur Musik -"Aber bitte mit Sahne!" - bewegt,
dann hat der Wein seine Wirkung nicht verfehlt. So geschehen bei der traditionellen
öffentlichen Weinprobe der Bergsträßer Winzer eG am Samstagnachmittag.
Die zweieinhalbstündige Verkostung von vierzehn Kreszenzen - vom Qualitätswein bis hin zur Trockenbeerenauslese - bildete am vorletzten Tag den krönenden Schlussakkord des 52. Bergsträßer Weinmarkts in Heppenheim, der angesichts Petrus' Grollen heuer nicht zu einem Fest der Superlative werden konnte. Die frischen Temperaturen hatten zumindest für die Weinprobe etwas Gutes: Im vollbesetzten Winzerzelt wurde die Weinverkostung im Gegensatz zu vorangegangenen Jahren zu keiner Hitzeschlacht. Für die Dabeigewesenen jedoch zu einem unvergesslichen Nachmittag: Des Winzers Werk hatte daran ebenso maßgeblichen Anteil wie die fachlich-versierten Fußnoten, die gekonnt wie kurzweilig von Otto Guthier, dem Vorsitzenden des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße und BGW-Geschäftsführer, und der nur noch wenige Tage im Amt stehenden Bergsträßer Weinkönigin Lisa Edling gesetzt wurden. Zwar ist es ganz natürlich, dass mit jeder Probe der Geräuschpegel steigt und "sich die Tischnachbarn näher kommen", wie Otto Guthier sagte, doch "ermahnte" die sympathische Lisa die Weintrinker dazu, bei der Vorstellung der Rebensäfte "die Gespräche einzustellen". Wie diszipliniert die "Kleinen" sind, hatte die Bergsträßer Weinkönigin bei der Eröffnung des Landeskindertrachtentreffens erfahren dürfen: "Die Kinder waren so ruhig, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören." Die Großen haben das beim Winzerzelt zwar nicht ganz hinbekommen, doch gab's am Schluss ein Lob von der charmanten Botschafterin der Hessischen Bergstraße: "Sie waren aufmerksamer als die ,Prominenten' vor einer Woche!" Nun ist es bei einer Weinprobe ein schöner Brauch, dass das Beste zum Schluss kommt: Am Samstag war's bei der unter dem Motto "Rotweine und Weißweine von der Bergstraße" stehenden Veranstaltung eine Ruländer Trockenbeerenauslese aus der Lage Heppenheimer Eckweg. Der edle Tropfen - die 0,375-Liter-Flasche kostet 24,55 Euro (!) - hat zehn Jahre auf dem Buckel, was Weinkenner auf Anhieb an der intensiven, an Cognac erinnernde Farbe und dem Duft nach Rosinen und Feigen erkannten. Der absolute Spitzenwein, den Otto Guthier als "das Meisterstück des Winzers" präsentierte - "Wir sollten diesem Wein mit Anstand und Respekt begegnen" -, wurde 1993 mit 154 Grad Öchsle gelesen und mit dem Großen Preis der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft ausgezeichnet. Mit der Trockenbeerenauslese angestoßen wurde auf das Wohl von Vinzenz Antes. Der immer wieder liebevoll als "Weinpapst" bezeichnete Winzer, der mit viel Herzblut und vorbildhaftem fachlichen Wissen Weingeschichte an der Bergstraße geschrieben hat, am Samstag ebenfalls unter den Ehrengästen, war der Erste, der 1963 eine Trockenbeerenauslese geerntet hat. Das Besondere dabei: Sie werden erst verarbeitet, wenn einzelne Rosinen "eingeschrumpft" am Rebstock hängen. Getreu dem Ausspruch Wilhelm Buschs, "Rotwein ist für alte Knaben / eine von den besten Gaben", wurden bei der Weinprobe erstmals sieben Rotweine verkostet. Mit dem Novum wurde der auch im Weinbauangebiet Hessischen Bergstraße unverkennbaren Entwicklung Rechnung getragen, dass die "Roten" schwer im Kommen sind. Doch sind unter den Liebhabern des roten Rebensaftes beileibe nicht nur "alte Knaben", wie der halbtrockene Spätburgunder Weißherbst, ein lachsfarbener Laudenbacher Sonnberg des Jahrgangs 2002 mit einem "tollen Fruchtaroma" (Guthier), bewies und der gerade abgefüllte Blaue Spätburgunder, der fruchtig-elegant daherkommt und nicht schöner im Glase stehen kann, wie der Wein-bauverbandsvorsitzende befand. Gemeint ist damit die für einen Spätburgunder typische granatrote Farbe. Perfekt wird der Wein durch ein elegantes Flaschenetikett, das von dem Heppenheimer Grafiker Gerhard Molitor eigens für diesen Rotwein gestaltet wurde. Die von Mitgliedern der Trachten- und Volkstanzgruppe Starkenburg und der Trachtengruppe Odenwald aus Auerbach eingeschenkte Probe "Nr. 4" war ein 2002-er trockener Domfelder aus der Lage Bensheimer Kalkgasse: tief rot mit einer fruchtigen Variante. "Der Domfelder ist ein richtiges Phänomen, ein ,Modewein' mit einem unheimlichen Bekanntheitsgrad", plauderte die Bergsträßer Weinkönigin aus dem Nähkästchen. Als "Rarität" bezeichnete Lisa Edling den folgenden St. Laurent, einen Heppenheimer Stemmler, ebenfalls Jahrgang 2002: Der noch junge Rotwein mit einer kräftigen Farbe bestach durch seinen leichten Duft nach Pflaumen, dem die Weinkennerin "noch viel Potenzial" prophezeite. Sicher ist sich Otto Guthier, dass der derzeit noch an dritter Stelle rangierende St. Laurent den Dornfelder (Nummer zwei nach dem Spätburgunder) in den nächsten Jähren überholen wird. Bei einem weiteren Spätburgunder - dem "König" unter den roten Rebsorten - dankte die Bergsträßer Weinkönigin den Steillagen-Winzern. Hier arbeiteten die Weinbauer noch viel von Hand: "Sie leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt des Landschaftsbildes." Der halbtrockene, 2002 gelesene Heppenheimer Schlossberg war dafür bestes Beispiel. Nicht fehlen durfte natürlich bei der Weinprobe ein im Barrique (Holzfass) gereifter Premiumwein mit dem wohlklingenden Namen "Terra Starkenburg" - eine Spätburgunder-Spätlese aus der Lage Hemsbacher Herrnwingert -, ein Riesling-Selectionswein (Heppenheimer Maiberg), noch der offizielle Hessentagswein: Der "Steillagenwein" wurde folgerichtig vom Heppenheimer Hessentagspärchen Ellen Latz und Christian Vock vorgestellt. Und dass der Wein - in Maßen genossen - nicht nur der Gesundheit zuträglich ist/ sein soll, sondern auch was für die Schönheit tut, bewies die vorletzte Probe: ein 1997-er Auerbacher Rott, eine Spätlese mit 99 Grad Öchsle. Und, so versprach Otto Guthier: "Der Riesling zieht die Falten weg!" Kann's denn, so ganz ohne Chirurg, ein schöneres Facelifting geben? Es gab auch einen Zeitungsbericht im Starkenburger Echo. |
| Letzte Änderung dieser Seite am 29.07.2003 von (unbekannt). | Informationen unter birgit.jung@tvg-starkenburg.de |